Lasst Obama nicht hängen FTD 04.11.2010
angesichts Amerikas aktueller Schwierigkeiten.
Von Kenneth S. Rogoff Professor für Public Policy an der Harvard University und ehemaliger Chefökonom des IWF
„… Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet vor, dass 25 Prozent des weltweiten Anstiegs der Arbeitslosigkeit seit 2007 auf die USA entfallen. Wenn diese Situation so lange andauert… wird dies den Grundstein für gewaltige globale Spannungen legen…
Der Boden für populistische Wirtschaftsentscheidungen wird täglich fruchtbarer. Der neue US-Kongress sucht nach Sündenböcken für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes. Und bei einem Präsidenten, der mitunter offen das starre ideologische Bekenntnis zum freien Handel infrage gestellt hat, ist alles möglich.
Sollten die Handelsspannungen überkochen, so könnten die politischen Entscheid-ungsträger auf die heutigen "Währungskriege" als unbedeutende Gefechte in einer wesentlich größeren Schlacht zurückblicken. >Gobalisierung zähmen
Angesichts Amerikas aktueller Schwierigkeiten sollte sein neuer Vorschlag, um das immerwährende Problem der globalen Ungleichgewichte anzugehen, als konstruktive Geste angesehen werden. Anstatt endlos auf Chinas Währungsbindung herumzureiten, die nur einen kleinen Teil des Problems darstellt, haben die USA da um Hilfe gebeten, wo es zählt:
bei der Leistungsbilanz…
… selbst wenn die Staats- und Regierungschefs der G20 zu dem Schluss kommen, dass sie keine bezifferbaren Zielvorgaben unterstützen können, müssen sie erkennen, wie sehr die USA im Namen des Freihandels leiden. Irgendwie müssen sie eine Möglichkeit finden, den USA bei der Steigerung ihrer Exporte zu helfen.
Glücklicherweise haben die Schwellenländer viel Spielraum… Eine entschlossene Anstrengung der Schwellenländer mit Zahlungsbilanz-überschüssen, ihre Importe aus den USA (und Europa) zu steigern, würde langfristig mehr gegen die globalen Handelsungleichgewichte ausrichten als Änderungen an ihren Wechselkursen oder ihrer Finanzpolitik. Die aufstrebenden Märkte sind zu groß und zu wichtig geworden, um sie weiterhin nach ihren eigenen Handelsregeln spielen zu lassen…
Die amerikanische Vorherrschaft über die Weltwirtschaft ist vielleicht in ihren letzten Jahrzehnten. China, Indien, Brasilien und andere steigen auf. Wird der Übergang reibungslos vonstattengehen und zu einer Weltwirtschaft führen, die sowohl gerechter als auch erfolgreicher ist? So sehr wir das auch hoffen mögen: Der Pfad, auf dem sich die USA derzeit befinden, könnte sich für den Rest der Welt als Problem erweisen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, während Fiskal- und Geldpolitik bis an ihre Grenzen ausgereizt sind. Exporte sind der beste Ausweg, aber die USA brauchen Hilfe. Andernfalls könnten Handelsspannungen die Globalisierung ruckartig in den Rückwärtsgang befördern. Es wäre nicht das erste Mal.“
Gefährliche Ungleichgewichte - Gobalisierung zähmen
Rivalität oder Partnerschaft - Gobalisierung zähmen
Stiglitz präsentiert fünf Sparvorschläge für Amerika ...
9. Dez. 2010
Von Joseph Stiglitz ,
Professor an der Columbia University und Nobelpreisträger für Wirtschaft
„Eigentlich ist der Abbau eines Defizits eine einfache Sache: Man muss entweder die Ausgaben kürzen oder die Steuern anheben. Es ist jedoch bereits klar, dass der Plan zur Defizitreduzierung, zumindest in den USA, darüber hinausgeht: Es ist ein Versuch, die sozialen Sicherungssysteme zu schwächen, die Progressivität des Steuersystems zu verringern und die Rolle des Staates zu verkleinern - während etablierte Interessengruppen, wie der militärisch-industrielle Komplex, so wenig beeinträchtigt werden wie möglich.
In den USA (und einigen anderen Industrieländern) muss jeder Sparplan in den Zusammenhang der Geschehnisse der vergangenen zehn Jahre eingeordnet werden. Dazu zählen:
1. Eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben, angeheizt von zwei sinnlosen Kriegen.
2. Zunehmende Ungleichheit, wobei das oberste Prozent der Bevölkerung mehr als 20 Prozent des Nationaleinkommens einstreicht, begleitet von einer Schwächung der Mittelschicht…
3. Zu geringe Investitionen in den staatlichen Sektor, einschließlich Infrastruktur, was auf dramatische Weise durch die Dammbrüche in New Orleans belegt wurde.
4. Eine Zunahme der wohltätigen Maßnahmen für Unternehmen - von Bankenrettungspaketen über Ethanolsubventionen bis hin zu einer Fortsetzung der Agrarsubventionen, auch wenn die Welthandelsorganisation entschieden hat, dass diese Subventionen illegal sind.
Plan zum Defizitabbau
Insofern ist es relativ einfach, einen Plan zum Defizitabbau zu formulieren, der die Effizienz steigert, das Wachstum stützt und die Ungleichheit reduziert.
Dazu sind fünf Hauptvoraussetzungen erforderlich.
Erstens sollten die Ausgaben für öffentliche Investitionen mit hohem Ertrag erhöht werden. Selbst wenn dies kurzfristig auch zu einem höheren Defizit führt, wird es die Staatsschulden langfristig verringern. Welches Unternehmen würde sich nicht auf Investitionsmöglichkeiten stürzen, die Renditen von über zehn Prozent bieten, wenn es sich - wie die US-Regierung - Kapital für weniger als drei Prozent Zinsen leihen könnte?
Zweitens müssen die Militärausgaben gekürzt werden - nicht nur die für die sinnlosen Kriege, sondern auch die für Waffen, die nicht funktionieren, gegen Feinde, die nicht existieren. Die USA haben weitergemacht, als wäre der Kalte Krieg nie beendet worden, und geben so viel für die Verteidigung aus wie der Rest der Welt zusammen. > Gobalisierung zähmen
Drittens ist es notwendig, Wohltaten für Unternehmen abzuschaffen. Selbst als Amerika sein soziales Netz für die Menschen abgebaut hat, hat es das Sicherheitsnetz für Firmen gestärkt - was sich unter anderem durch die Rettungspakete für AIG, Goldman Sachs und andere Banken zeigte. Wohltätigkeiten für Unternehmen machen in manchen Teilen der US-Agrarwirtschaft nahezu die Hälfte des Gesamteinkommens aus. Dabei fließen zum Beispiel Milliarden von Dollar in Baumwollsubventionen, die an einige wenige reiche Farmer gehen - während sie gleichzeitig die Preise drücken und die Armut unter den Konkurrenten in den Entwicklungsländern steigern… Um das Defizit zu verringern, brauchen wir
viertens ein gerechteres und effizienteres Steuersystem, in dem die Sonderrechte von Kapitalgewinnen und Dividenden abgeschafft werden.
Warum sollten diejenigen, die für ihr Geld arbeiten, höhere Steuersätze bezahlen müssen als diejenigen, die ihren Lebensunterhalt mit Spekulation verdienen?
Und fünftens würde eine geringfügige Erhöhung der tatsächlich bezahlten Steuern, sagen wir um fünf Prozent, im Laufe eines Jahrzehnts mehr als 1000 Mrd. Dollar einbringen…“
global plan for recovery and reform 2009 - - Globalisierung zähmen ...
Der große Staatsschulden-Atlas
Das Positive an der Irland-Krise
Financial Times Deutschland
von Lucas Zeise
24.11.2010
Anders als im Fall Griechenland kann diesmal niemand leugnen, dass das Problem die Banken sind. Europas Regierungen sollten daher nur konsequent sein - und sie untergehen lassen… Es ist allzu offensichtlich, dass Irland nicht deshalb Probleme hat, weil die Regierung beim Staatshaushalt geschlampt hätte, sondern weil die Banken des Landes sich während des Kreditbooms bis 2007 massiv überhoben haben…
Weil der Kern des Problems der marode Finanzsektor ist, ist im Fall Irland auch noch offensichtlicher als im Fall Griechenland, dass eine Verschärfung des dummen Stabilitäts- und Wachstumspaktes rein gar nichts zu einer Lösung des Problems beitragen kann… Schon jetzt verteuert die Irland-Krise die Refinanzierung der Banken im Euro- und Pfund-Raum. Die ungebremste Bankpleite einer irischen Bank könnte das Bankensystem in Europa ganz schön ins Wanken bringen. Auch die Krise der griechischen Staatsfinanzen war eine Folge des Boom and Bust des Finanzsektors unter den unwirtlichen Bedingungen einer verfehlten Euro-Konstruktion…
Diese Krise, deren letzte Etappe Irland bestimmt nicht sein wird, zwingt die Regierungen, sich den Realitäten anzupassen und falsche Prinzipien aufzugeben. Zu diesen falschen Prinzipien zählt der Steuerwettbewerb, wonach die Einzelstaaten ihre Steuern frei gestalten und mit niedrigen Steuern Unternehmen ins Land locken können. Für die Rendite der Unternehmen ist das prima, für die Staaten und ihre Finanzen verheerend. Eine Untergrenze für Unternehmenssteuern in der EU wäre ein sehr viel besseres Instrument, um die Staatsverschuldung einzudämmen, als der alberne Stabilitätspakt…
Es gilt, den Privatsektor tatsächlich an den Verlusten zu beteiligen. Das könnte zum Beispiel funktionieren, indem man die Todkranken unter den irischen Banken sterben lässt. Der zurückbleibende Schuldenberg kann dann vom irischen Staat mit freundlicher Unterstützung des Hilfsfonds der Euro-Staaten übernommen und so abgewickelt werden, dass die Gläubiger auf eine nennenswerte Quote ihrer Forderung verzichten müssen.“
Die Weltenretter leben in Indien, Afrika und China.
12. Nov. 2010
von Raghuram Rajan
„Die derzeit größte Hoffnung für die globale Wirtschaft sind die Konsumenten in den Schwellenländern. Sie könnten die schwache Nachfrage aus den Industriestaaten ausgleichen…
Das weltweite Wachstum wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich verhalten bleiben. Die Industrieländer haben damit zu kämpfen, ihre Haushalte und Staats schulden in Ordnung zu bringen, und die Schwellenländer sind dabei, sich aus ihrer Abhängigkeit von den Industrieländern zu befreien. Diese Aufräumarbeiten nach der großen Krise werden noch eine Weile dauern.
Eines ist jedoch klar:
Die globale Nachfrage wird in Zukunft durch die Milliarden von Konsumenten in Afrika, China und Indien entstehen. Es wird noch einige Zeit brauchen, diese Nachfrage wirklich zu aktivieren. Denn was derzeit weltweit für die Konsumenten der Industrieländer produziert wird, kann nicht einfach an die Verbraucher in den Schwellenmärkten geliefert werden, vor allem nicht an die ärmeren unter ihnen…
Es geht hier nicht um die paar Millionen Menschen in diesen Ländern, die ähnliche Einkommen haben wie die Mittelschicht in den Industrieländern, sondern um Milliarden neuer Konsumenten. Wir müssen allerdings erkennen, dass die meisten von ihnen wesentlich weniger Geld zur Verfügung haben als die Verbraucher in den Industrieländern und unter vollkommen anderen Bedingungen leben. Sie haben andere Bedürfnisse, und die Hersteller weltweit haben sie bis vor Kurzem großenteils ignoriert…
Doch die Zeiten ändern sich. Immer häufiger konzentrieren sich die Produzenten von Konsumgütern heute auch auf Menschen, die vielleicht nicht zur untersten Stufe der Einkommenspyramide, aber zur großen Masse in der Nähe des unteren Endes gehören…
Im Laufe der nächsten zehn Jahre wird diese Art von Nachfragesteigerung in den Entwicklungsländern dazu beitragen, das langsame Nachfragewachstum in den Industrieländern auszugleichen. Doch dieser Prozess darf nicht überstürzt werden…
Leider haben die politischen Entscheidungsträger zu wenig Geduld. Weil Industrieländer wie die USA und andere von hoher Arbeitslosigkeit geplagt sind, wollen sie etwas - irgendetwas - tun, um das Wachstum schnell zu steigern. Die aggressiven Strategien, die sie dabei verfolgen, könnten jedoch den Anpassungsprozess gefährden.
Ein Beispiel ist der Ausflug der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in die quantitative Lockerung, also den Ankauf von US-Staatsanleihen. Die Fed verfolgt damit drei Ziele: Erstens will sie die Anleihenkurse stützen, in der Hoffnung, dass niedrigere langfristige Zinssätze die Investitionen der Unternehmen ankurbeln werden. Zweitens setzt die Notenbank darauf, dass niedrigere langfristige Zinssätze die Preise von Vermögenswerten wie Aktien oder Immobilien nach oben treiben, sodass die Haushalte reicher werden und mehr Anreize haben, Geld auszugeben. Und schließlich hofft die Fed, dass die von ihr demonstrierte Bereitschaft, Geld zu drucken, die der derzeit niedrigen Inflationserwartungen etwas nach oben ziehen…
Die Schwellenländer sorgen sich. Sie fürchten, dass die extrem aggressive Geldpolitik der Fed weniger die US-Binnennachfrage in Schwung bringen, sondern vielmehr den Dollar schwächen und damit die US-Hersteller bevorteilen wird. Sie sind nicht bereit, einen Einbruch ihrer Exporte in die USA zu riskieren, indem sie zulassen, dass ihre Währungen gegenüber dem Dollar zu schnell steigen. Sie widersetzen sich deshalb der Aufwertung, indem sie auf dem Devisenmarkt intervenieren und Kapitalverkehrskontrollen einführen.
Das alles führt möglicherweise dazu, dass es kein beständiges Wachstum der Nachfrage in den Schwellenländern geben wird. Stattdessen könnten überschüssige Liquidität und neue Spekulationsblasen auf den weltweiten Finanz- und Immobilienmärkten entstehen, die das Wachstum behindern, wenn nicht gar ganz abwürgen.
Wer wird bei dieser andauernden Kraftprobe der Währungen als erster blinzeln? Die USA (und andere Industrieländer) könnten argumentieren, dass ihre hohen Arbeitslosenzahlen ihnen das Recht geben, eine wachstumsfördernde Politik zu betreiben, auch auf Kosten des Wachstums in den Schwellenländern. Diese wiederum könnten argumentieren, dass es sogar sehr armen US-Haushalten wesentlich besser geht als dem durchschnittlichen Privathaushalt in den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Anstatt sich darüber zu streiten, wer die besseren Argumente hat, wäre es besser, wenn alle Seiten einen Kompromiss eingingen - also alle gleichzeitig blinzelten. Die USA sollten ihre aggressive Geldpolitik zurücknehmen und sich darauf konzentrieren, die strukturellen Probleme ihrer eigenen Wirtschaft in den Griff zu bekommen, während die Schwellenländer im Gegenzug ihre Währungen aufwerten lassen und so ihre Binnennachfrage steigern müssten. Auf dem G20-Gipfel in Seoul scheint ein solcher Kompromiss noch nicht zu gelingen. Doch Industrie- und Schwellenländer sollten sich zumindest auf den Weg in diese Richtung begeben.
Schwellenländer im IWF auf dem Vormarsch
Top-Ökonomen Dani Rodrik - Können Entwicklungsländer die Weltwirtschaft tragen?
China - Aufstieg zur Weltmacht
China übernimmt den Job der Weltbank
Reuters
18. Januar 2011
Peking/Berlin
Die Volksrepublik vergab in den vergangenen zwei Jahren mehr Kredite an Schwellen- und Entwicklungsländer als die Weltbank. Dies berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf eigene Statistiken auf Basis öffentlicher Mitteilungen der Regierung in Peking sowie von Staatsbanken und Schuldnerländern.
- Demnach verlieh China 2009 und 2010 mindestens 110 Milliarden Dollar an Regierungen und Unternehmen aus der Dritten Welt. Die Weltbank habe in diesem Zeitraum Kredite über 100,3 Milliarden Dollar an Entwicklungsländer vergeben. Damit baut die Volksrepublik ihren weltweiten Einfluss kontinuierlich aus…
Um eine Konkurrenz zu vermeiden, will die Weltbank nun verstärkt nach Wegen suchen, um mit China gemeinsam Kredite zu vergeben… China selbst lockt so viel Kapital aus dem Ausland an wie noch nie:
- Nach Angaben des Handelsministeriums in Peking stiegen die ausländischen Direktinvestitionen 2010 um mehr als 17 Prozent auf 105,7 Milliarden Dollar (rund 80 Milliarden Euro). Das ist etwa dreimal so viel wie nach Deutschland flossen. Die Volksrepublik investiert aber auch selbst verstärkt im Ausland: Ihre Ausgaben zogen um 36,3 Prozent auf 59 Milliarden Dollar an. Unter ausländischen Direktinvestitionen werden beispielsweise Unternehmenskäufe und -beteiligungen in der Realwirtschaft verstanden.“
Vertane Chance der G20 in Seoul
Financial Times Deutschland - 15. Nov. 2010
Von Dennis Snower
„Seit Wochen schwelt der Währungskrieg zwischen den USA und China. Nun bot der G20-Gipfel in Seoul die große Chance, die strukturellen Probleme anzugehen, die diesem Konflikt zugrunde liegen. Die Chance wurde vertan.
Die Frage, wie auf das Problem der globalen Leistungsbilanzungleichgewichte angemessen reagiert werden sollte, wird frühestens auf dem nächsten Gipfel in Paris diskutiert werden. Dabei sind es genau diese Ungleichgewichte, die das Währungsscharmützel ausgelöst haben. Sie müssen behoben werden - allerdings nicht durch währungspolitische Maßnahmen, sondern vielmehr durch den Abbau nationaler Ungleichgewichte zwischen Investitionen und Ersparnis und zwischen Staatsausgaben und -einnahmen.
Was ist der Kern der gegenwärtigen Debatte?
Nun, China wird beschuldigt, den Kurs seiner Währung künstlich niedrig zu halten, um seine Exporte zu stimulieren. Konsequenz dieser Politik sind ein hoher Exportüberschuss sowie gigantische Währungsreserven. Die USA werden ebenfalls beschuldigt, ihre Währung zu schwächen, insbesondere aufgrund der jüngsten Runde des "Quantitative Easing", mit dem die Notenbank Fed über Staatsanleihenkäufe 600 Mrd. Dollar zusätzlich in den Markt pumpt.
Das neu verfügbare Geld sucht sich gut verzinste Investitionsmöglichkeiten, die sich offenbar vor allem in Schwellenländern finden. Das Geld, das diese Volkswirtschaften regelrecht überflutet, sorgt dort wiederum für Inflation und droht spekulative Blasen entstehen zu lassen - etwa im chinesischen Immobilienmarkt…
Eine globale Double-Dip-Rezession ist nach wie vor möglich. Ein schneller und einfacher Weg, die Wirtschaft in diesen unsicheren Zeiten anzuregen, ist eine Entwertung der eigenen Währung, um dadurch den Export zu stimulieren. Das Problem dabei ist jedoch, dass dies zwecklos ist, wenn es jeder tut, weil die Abwertung einer Währung die Aufwertung einer anderen impliziert. Außerdem hat eine systematische Entwertung der eigenen Währung nationalistische, protektionistische Züge - ein Entwertungswettbewerb ist also gefährlich.
Wie sollten die G20 hierauf reagieren?
Sie sollten mit den Währungsstreitereien aufhören, bei denen sich einzelne Mitglieder in bilateralen Scharmützeln verzetteln… Die Gründe des Disputs liegen natürlich in den hinlänglich bekannten globalen Leistungsbilanz ungleichgewichten.
Um sein Leistungsbilanzdefizit zu verringern, muss China weniger sparen und mehr investieren. Durch eine Stimulierung des heimischen Konsums und der Investitionsnachfrage könnten zusätzliche Wachstumsimpulse gesetzt werden, die Chinas Exportabhängigkeit verringern würden.
Bis zur letzten Krise haben die Amerikaner zu viel konsumiert und zu wenig gespart und so die US-Wirtschaft in eine starke Importabhängigkeit geführt. Seit der Krise ist der amerikanische Konsum stark zurück gegangen und erholt sich trotz massiver monetärer und fiskalischer Impulse kaum. Hier wirken sich die weiter ungelösten Probleme des amerikanischen Hypothekenmarkts und die explodierende amerikanische Staatsverschuldung hemmend aus. Mit Blick auf China und andere Schwellenländer ist diese Frage leicht zu beantworten.
Erstens könnten die G20 diese Staaten dabei unterstützen, ihre Kreditmärkte so zu reformieren, dass ein größerer Teil der inländischen Unternehmens gewinne in heimische Investitionsprojekte fließt.
Zweitens könnten die G20 Hilfe beim Aufbau effizienter Bildungs- und Fortbildungssysteme leisten und so die Voraussetzungen für die Einkommenserzielung verbessern.
Und drittens könnten sie diese Staaten dabei unterstützen, wirksame und dauerhafte Sozialsysteme aufzubauen, die die Menschen vor größeren ökonomischen Unbilden schützen, und so die Sparneigung verringern.
Die aus diesen Maßnahmen resultierende zusätzliche Konsumnachfrage würde es Ländern wie China erlauben, auch ohne eine exzessive Exportabhängigkeit weiter zu wachsen.
Mit Blick auf die USA und andere Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten könnten die G20 grundlegende Regeln formulieren. Auf deren Basis sollten die Nationalstaaten Finanzpläne erarbeiten, die das langfristige Verhältnis der Staatsschulden zum Inlandsprodukt stabilisieren und gleichzeitig eine expansive Fiskalpolitik in Rezessionszeiten ermöglichen. So könnte verhindert werden, dass die Staatsausgaben in Defizitländern weiter ausufern.
Die G20 könnten auch eine Plattform bieten, um internationale Regeln zum raschen Umgang mit faulen Krediten zu formulieren und so den Vereinigten Staaten dabei helfen, schnell und effektiv auf ihre Hypothekenkrise zu reagieren.
Diese Initiativen sollten gleichzeitig ergriffen werden. Sie würden die G20 in die Lage versetzen, bilaterale Scharmützel zu vermeiden und das Augenmerk stärker auf Win-win-Strategien für beide Ländergruppen zu richten. Wenn die betroffenen Staaten die genannten strukturellen Maßnahmen gezielt umsetzen, werden die globalen Ungleichgewichte abnehmen, und die Neigung zu bilateralen Währungskriegen wird sich in Luft auflösen.
Genau mit diesen strukturpolitischen Fragen hätte sich der G20-Gipfel in Seoul beschäftigen sollen. Es ist mehr als bedauerlich, dass man die Lösung der strukturpolitischen Probleme wieder einmal vertagt hat, diesmal bis zum nächsten G20-Gipfel in Paris. Als Hausaufgabe bis dahin sollten die G20-Länder ihren Ansatz zum Umgang mit globalen Ungleichgewichten einmal grundsätzlich überdenken.“
Interaktive Grafik Wie die G20 wachsen, schrumpfen und prassen
Gipfelabschluss Was die G20 beschlossen
Globale Ungleichgewichte: Schritt zur globalen Regulierung
Wechselkurse: Kein neues Währungssystem
Basel III: Der Kern wird größer
Welthandel: Ein bisschen Hoffnung für Doha
IWF: Mehr Einfluss für Schwellenländer
Was sind schon 1 000 000 000 000 Dollar?
US-Firmen horten 1.000.000.000.000 Dollar
CAPITAL 27.19.2010
Die Ratingagentur Moody's hat errechnet, wer auf dem größten Geldberg sitzt... mehr
„Moody's zufolge horteten die US-Firmen bis zur Mitte dieses Jahres 943 Mrd. Dollar Bargeld. Die Unternehmen aus der Finanzbranche sind darin nicht eingerechnet. Ende 2008 hatte der Bargeld-Bestand noch 775 Mrd. Dollar betragen. Aktuell würden 346 Mrd. Dollar oder rund 37 Prozent der Bargeld-Bestände allein auf 20 Firmen entfallen. Dabei sitze der Technologiekonzern Cisco Systems mit knapp 40 Mrd. Dollar auf den höchsten Berg, gefolgt von Microsoft mit knapp 37, Google mit 30, Oracle mit 23 und Ford mit 22 Mrd. Dollar. Auch Apple befeuert mit einem Bargeldbestand von mehr als 25 Mrd. Dollar die Fantasie der Anleger…
Unterteilt nach Branchen lägen 207 Mrd. Dollar bei Technologiefirmen, errechnete Moody's. 124 Mrd. Dollar hätten die Pharmaunternehmen in ihren Kassen und 105 Mrd. Dollar die Energie-Branche.
Fotostrecke: Die Firmen mit den höchsten Bargeldbeständen
Krisenprofiteure: Was US-Konzerne mit billigem Geld anstellen
Aktienrückkäufe in Amerika: Eine Billion Dollar in der ... fac.net 27. Okt. 2010 Von Norbert Kuls
„Amerikanische Unternehmen reagieren langsam auf Forderungen ihrer Aktionäre, einen Teil ihrer hohen Barmittel für zusätzliche Aktienrückkäufe oder Dividenden zu verwenden… Investoren schätzen dies, weil sich durch den Rückkauf eigener Aktien die Zahl der umlaufenden Papiere verknappt. Das stützt den Kurs. Zudem steigt mit der verringerten Aktienanzahl der auf eine einzelne Aktie entfallende Gewinn…“
Aktuell geht Moody's davon aus, dass die Unternehmen erst noch größere Sicherheit für die weitere Entwicklung der Wirtschaft haben wollten. Die Firmen warten auf Anzeichen für dauerhafte Umsatzzuwächse - und zögerten daher, in neue Produktionen oder die Einstellung von Mitarbeitern zu investieren. Damit tun die Unternehmen kaum etwas, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.
Die Erwerbslosenquote liegt in den USA aktuell bei 9,6 Prozent.
Weltübersicht Reichste Länder experience.fedex.com/de richest_countries
Direktinvestitionen im Ausland
experience.fedex.com/de foreign_direct_investment
Exporte 2008 experience.fedex.com/de exports_2008
Universitätsabsolventen 2008 experience.fedex.com/de university_graduates_2008
Investitionen in Forschung & Entwicklung
experience.fedex.com/de investment_in_r_and_d
Internationale Patentanmeldungen